BOWLING ... Skateparkmania in the South
Text von Jan Indermühle.
Bericht erschienen im Brett-Magazin
Nimm ein altes Skateboard Mag von deinem Vater zur Hand, schließ dich
auf der Toilette ein, und zieh dir die Bilder der geilen, betonierten
US-Skateparks der späten 70er rein.
Kommt gut, was? Besser kommt aber dies: am Bodensee gibts jetzt auch
solche Parks!
Die Bodenseeregion ist ja nicht gerade als Mekka der Jugendlichkeit
bekannt, viel eher wähnt man sich im Garten eines Altenheims. Wer was
anderes behauptet, soll sich mal einen sonnigen Nachmittag im lauschigen
Städtchen Meersburg geben. Bei Seerundfahrten, Minigolf und Erdbeereis
fällt schon auf, wer sich nicht ordentlich rasiert hat, von dauerhaften
Unterarmbemahlungen gar nicht zu sprechen. Nicht auszudenken was ein
paar lärmende Skateboarder hier anrichten würden. Nur so (oder anders)
ist zu erklären, wieso gerade hier, und
nicht in den Metropolen des Landes, die Skateparks wie Pilze aus dem
Boden schießen. Und das tun sie, zum Glück!
Hier soll die Rede sein von betonierten Skateparks. Nicht das übliche
"Parkplatz mit Pyramide und abgefuckter Miniramp", sondern kleine
Kunstwerke der Skatekultur, mit feinstem Belag, guten Lines und
Trinkbrunnen. Wir sprechen von Bowls, Pools, Banks, Hips, Treppen,
Rails, Ledges, lustigen Bodenwellen und glücklichen Locals. Die Parks um
den Bodensee bieten das alles, und noch mehr.
Skateparks a Gogo
Jetzt ist es ja so eine Sache mit Skateparks, und nicht jedermanns. Oft
von Unwissenden geplant und Unfähigen gebaut, wird der erste Run der
Vorfreude nicht gerecht. Schlechte Transitions, Scheissbelag,
unzureichende oder fehlende Copings und schlechte Abmessungen führen zu
vorzeitigem Bierkonsum. Denn wer will sich schon die alten Kryptonics
78A montieren um im Pool genügend Speed zu machen, wenn man doch nach
der zweiten Runde draußen ist. Auch ärgerlich: für gleiches Geld hätte
man was besseres hinstellen können!
Wie der geneigte Leser von Fachliteratur sicherlich weiss, gibt es auch
in den USA wieder viele neue Skateparks. Dies dank einer
Gesetztesänderung, nach welcher wieder der Skater selber verantwortlich
für seine Schrammen ist, und nicht wie bis anhin der Parkbetreiber. Wie
man hört, sollen aber bei den bösen Amerikanern schlimme Zustände
herrschen: Der Park kostet Eintritt, ohne Schoner und Helm geht nix,
skaten auf der Straße ist verboten und die Cops machen regelmäßige
Kontrollen in den Parks.
Nichts von dem im sonnigen Süden! Alles gratis, keine Schoner, kein Zaun
und kein Stress. Dafür Trinkbrunnen, schattige Bäume und neugierige Kids
mit Rollschuhen und Scootern.
Verantwortlich für diese Oasen aus Beton ist die Firma Bowl aus
Tägerwilen (Schweiz). Bowl wurde von Erwin und einem nicht ganz
unbekannten Herrn namens Pogo gegründet. Die Jungs bauen Skateparks, und
sie wissen wie's geht. Muss wohl so sein, denn Pogo fährt auch selber
ziemlich seriös. Allein diese Tatsache lässt schon hoffen. Das erklärte
Ziel der Herren: Die Bodenseeregion zum größten Skatepark Europas zu
erheben. Das heißt: möglichst viele Parks möglichst nahe beieinander zu
bauen. Und durch jahrelanges Lobbyieren, endlose Sitzungen und weitere
unerfreuliche Dinge scheinen sie ihrem Ziel immer näher zu kommen.
Money, root of all evil... stimmt in diesem Fall nicht ganz. Die
Skateparks am Bodensee sind der Beweis das Steuergelder auch sinnvoll
eingesetzt werden können. In Ravensburg beispielsweise legte die Stadt
750'000 DM auf den Tisch, nachdem der extra gegründete Verein
"Skateburg" bei Sponsoren 250'000 DM aufgetrieben hatte. Hört sich
simpel an, ist aber eine Heidenarbeit, wovon die Initiatoren sicher ein
Liedlein singen können. Die beiden anderen Parks wurden gar vollständig
aus der Gemeindekasse bezahlt. Das hier jeweils extrem viel
überzeugungsarbeit hinter jedem einzelnen Projekt steht, muss wohl nicht
erwähnt werden.
Bowls deluxxe
Bei Bowl wird jeder Park individuell geplant und gebaut. "Fertigteile"
und "Baukastensystem" sind unbekannte Wörter. Wenn das Budget oder der
zur Verfügung stehende Raum nicht genügen, wird auch mal ein Projekt
abgesagt. So entstehen supersmoothe Skateparks aus samtenem Beton, mit
perfekten, handgeshapten Radien und mit Liebe gesetzten Copings, die
durch die unterschiedlichen Beläge auch schön anzusehen sind. Die Parks
sind ins Gelände gebaut, nicht einfach obendrauf gepappt. Dadurch
ergeben sich verschiedene Ebenen, welche durch Banks verbunden sind, was
den Spaßfaktor ungemein erhöht. Skateparks werden das Streetskaten kaum
ablösen, ist klar, aber eine abwechslungsreiche Alternative bieten sie
auf jeden Fall. Bisher stehen fertige Parks von Bowl in Markdorf,
Ravensburg und Wattwil (Schweiz). Weitere sind in Planung...
Ravensburg ist der größte und fetteste Skatepark, während in Markdorf
der Snakerun und in Wattwil der große Bowl rocken! Alle Parks haben
endlose Lines, die nur darauf warten entdeckt zu werden. Sie sind so
ausgelegt, das jeder drin rumkurven kann, egal wie gut (oder schlecht)
man fährt. Wem langweilig wird, fehlt die Fantasie... Es ist unter
diesen Umständen unschwer abzusehen, dass der Süden eine Reihe von
erstklassigen Skatern hervorbringen wird. The kids are allright! Da
lächeln die Locals süffisant, während der Stadtbewohner mal wieder
ernshaft über einen Umzug in die Provinz nachdenkt. Stell dir vor, ein
kleines Reiheneinfamilienhaus direkt am Skatepark, mit Frau und Kind und
Zweitwagen, einen Hund dazu... äh, wohl eher nicht, aber ab und zu
hinfahren, um sich die Knie aufzuschlagen kommt sehr gut.
Also, fertig mit dem rumgepose vor der Trinkhalle. Schluß mit blabla;
jetzt nimm' das Auto, fahr' in den Süden, skate die Parks und misch
Meersburg auf.
Zu den Bildern
Frank 1Rider: Frankie B., Foto: Alois
Frank 2Rider: Frankie B., Foto: Jan
Thomas 1Rider: Thomas (Local aus Wattwil), Foto: Frankie B.
Pogo 1 und 2Rider: Pogo (Erbauer der Parks), Foto: Frankie B.
Markdorf, Wattwil, RavensburgFoto: Frankie B.
Diskussion
Diskussion über Skate-Spots im Spots-Forum.
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