Interview mit Attila Aszodi
Eines Tages fand ich in meinem email-Postfach eine Nachricht von meinem Freund Georg Kube. Sie enthielt einen
Link auf eine Internetseite von G&S Fibreflex und die Frage von Georg "Schau mal, ist das nich unser Attila von
früher?" Georg war auf der Suche nach Shapes für ein Slalomboard das er sich aus einem gebrauchten Snowboard aussägen
wollte und war dabei darauf gestoßen.
Ich ging auf die Seite und sah ein Slalomboard in der mir von früher bekannten dünnen Bauweise der Fibreflex
Decks wie ich auch mal eines besessen hatte (Der Teufel weiss wo das Ding hingekommen ist). Darunter stand geschrieben
"Design by Attila Aszodi"! Ich war von den Socken ... sollte das etwa ...
Ich ließ es erst mal gut sein, aber wurde trotzdem neugierig. Ich schrieb schließlich eine Mail an G&S und erhielt
prompt Antwort und Attilas email-Adresse.
Ich schrieb ihm und er war tatsächlich der Attila, den ich vor über 20 Jahren in Karlsruhe kennengelernt hatte. Es
stellte sich heraus, dass er in LA lebt und dort für G&S Slalom Pro ist.
Es entwickelte sich ein reger Emailverkehr und schließlich entschloss ich mich dazu, mit ihm ein Interview für Sk8Mag.de
zu machen.
Lest selbst und taucht ein in die Welt des Slalomskateboarding.
Attila Aszodi wurde im Januar 2002 via EMail von Chris Eggers interviewt.
Quotes
"Attila is so enthusiastic about slalom. He was the first guy to e-mail me when my address appeared
on e-bay. He is a man of a skater. Pound for pound, he's probably the strongest athlete on the circuit. Thank God
I haven't drawn him in a man on man yet."
Henry Hester
"I remember skating with Attilla around 1979. We were freestyling in Karlsruhe in front of the Schloss.
He was very much into kick-flips and stuff like that. Also, there was that public fountain in one of Karlsruhe's parks.
Because of the statues of nude women, we used to call it the "porno pool". When it was empty in the spring, we ripped
it a lot. Well, and then we lost contact. All I knew, was, that Attila was living somwhere in Baden-Baden. Lot's of
memories!!"
Georg Kube
"Attila is a self motivator who has designed some of the best slalom boards on the market today he is
always working on improving his boards and ability to ride them.
He is very knowledgable in the skateboard industry, and an all around good guy.
Check out his "Response" board at:
www.fibreflexskate.com."
David Anderson
"Attila is one of the few "Euro" skaters actively competing on the USA circuit. He has helped Deb Gordon
of Fibreflex jump back into the slalom deck market.....no small feat indeed. The new fibreflex wheel is well received.
Attila's riding style is centered more towards tight slalom. His racing technique is advanced and he is one of the few
riders who is quick to try any new technology (such as front truck slalom bars) to see if it bears him an advantage.
Atilla was seen wearing chest protector racing armor at The Cambria race last summer- it seems to have boosted his ability
to push his limits. With some practice and course setting on steeper terrain he should begin to place in the top 15
in GS and continue his success in tight slalom."
John Gilmour
Interview
Du lebst in LA, aber ich habe dich in Deutschland kennengelernt, das ist lange her.
Wie kamst du nach LA und warum bist du dort geblieben?
Seit ich 1977 einmal auf Besuch hier war um zu skaten, war es ein Traum von mir. Also bin ich dann
letztendlich 1984 hierher gezogen nachdem ich meinen Zivildienst in Deutschland absolviert hatte um
Schauspiel und Film zu studieren. Seltsamerweise hatte ich 1981/82 komplett mit dem Skaten aufgehört
und das meiste von meinem Skatestuff verkauft bevor ich umzog.
Du hast erst jetzt wieder angefangen. Wie kam es dazu? Was hat dich dazu bewegt,
wieder auf ein Board zu stehen?
Ich hatte mal Mitte der 80er noch einmal versucht wieder anzufangen, aber es hat sich irgendwie nicht
richtig angefühlt. Skateboarding war zu aggressiv geworden, und die Stimmung in der Szene gefiel mir
nicht mehr. Ich hatte den Eindruck, es hatte nicht mehr den Soul und Spirit der 70'er. Slalom und Freestyle
war so ziemlich verschwunden, und ich wurde zu alt um mein Können beim Vertskaten behalten zu können. Ein
Motorradunfall, bei dem ich mir 1984 mehrere Knochenbrüche zuzog, zwang mich für fast ein Jahr in den
Rollstuhl - Skateboarding war damit das letzte, an das ich dachte. Ende 1991 fuhr ich dann an einem
Skateshop in Studio City vorbei und sah ein Sector 9 Longboard im Schaufenster. Irgendwie fühlte ich mich
davon angezogen und ging in den Shop. Ich stand drauf und erinnerte mich and das flexende Fibreflex-Feeling.
Es war ein längeres Board und schien perfekt zum Rumfahren geeignet. Ich zahlte die 135.00 $ und war aufgeregt
wie ein kleines Kind. Der Verkäufer erzählte mir von der NCDSA-Internetseite (Northern California Downhill
Skateboarding Association). Ich ging nach Hause und schaute mir die Seite an und fand einen Link auf Ritchie
Carrasco's Website. Ich erinnerte mich an ihn, da ich schon immer von seinem Können fasziniert war. Er konnte
mehr als hundert 360's hintereinander machen. Ich erinnerte mich, dass ich ihn 1981 bei einem Contest in DelMar
gefilmt hatte. Ich konnte nicht glauben, dass er nach all den Jahren immer noch dem Skaten verbunden war.
Ich meinte, er müsste bestimmt so alt sein wie ich! Also mailte ich ihm wie sehr ich ihn für sein Können
respektiert hatte und wie cool ich es fand, dass er immer noch skatete. Er schrieb zurück, und nach ein paar
mal hin und herschreiben erzählte er mir von den West LA College Veranstaltungen und dass ich doch mal
vorbeikommen sollte. Ich dachte, wow, Training in einer Schule, wie spannend, aber ich wollte ihn noch mal
360's machen sehen. 2 Wochen später war so eine Veranstaltung und ich ging hin. Ich war überrascht wie
schnell die Strecke war und es war unmöglich durch diesen Riesenslalom durchzukommen. Ritchie sagte zu mir,
ich solle einfach drauf los fahren. Ich nahm am Rennen teil, aber ich hab's nicht geschafft. Zu schnell,
zu alt, falsches Board. Aber es war toll die Jungs über den Asphalt fegen zu sehen und so schnell zu
fahren wie ich es in Deutschland nie gemacht hatte. Man sagte mir, dass die WLAC Races regelmäßig
stattfinden sollten, also investierte ich etwas Geld in eine Slalomausrüstung. Vor 2 Jahren gab es davon
noch fast nichts zu kaufen. Ritchie hielt mich wegen den Rennen auf dem Laufenden, und währenddessen wurden
wir gute Freunde. Beim nächsten Rennen sollte auch Tight Slalom sein, was mal meine Spezialität war. Das
war am 19. November 2000. Ein Typ aus Boston, John Gilmour, kam sogar mit dem Flugzeug und zeigte mir den
schnellsten Slalom den ich je gesehen hatte. Wir standen alle nur da und sahen ihm voller Bewunderung zu.
Dann war das Rennen und (Chris) Chaput, Ritchie, John (Hutson?) und ich machten uns bereit. Es war mein
erstes Rennen nach 20 Jahren. Ich lieh mir ein G&S Fibreflex von einem Freund und machte meinen ersten Run.
Am Ende der Strecke, als ich über die Ziellinie fuhr, rutschte mein vorderer Fuß seitlich ab, und ich konnte
nicht mehr lenken. Irgendwie verlor ich die Kontrolle und fiel nach vorne. Ich hab mir die Schulter ausgekugelt,
den Arm gebrochen und mir eine Gehirnerschütterung geholt. Ich musste in die Notaufnahme und dachte, super,
nicht mal durchs Ziel gekommen. 3 Tage später ging ich online und fand heraus, dass ich vierter hinter Ritchie,
Chaput und dem Phänomen Gilmour geworden war. Das erste was ich dachte war: "Ich bin wieder da!". Ich muss wieder
mitfahren und alle herausfordern! Verrückt!
Ich habe herausgefunden dass du ein Board in der G&S Fibreflex Linie hast, das du selbst designed hast.
Wie kam es dazu?
Ich habe Debbie Gordon Saili 1999 getroffen. Damals wusste ich nicht mal ob G&S noch existierte. Eines Tages
entdeckte ich ein G&S Fibreflex auf EBay welches ich dann letztendlich gekauft habe. Es war sehr aufregend
für mich zu sehen, dass G&S noch immer produzierte nachdem ich praktisch in den 70ern mit den Boards aufgewachsen
bin. Es gab diese neuen G&S Longboards zu kaufen, aber es waren nur die langen Carvingboards. Keines der alten
Freestyle- oder Slalomboards wurde zu dieser Zeit noch hergestellt.
Tatsächlich bot kein einziger Hersteller in den USA Slalomboards an. Dank EBay konnte ich eine nostalgische
Slalomboardsammlung zusammenstellen und konnte auch wieder Rennen fahren und an Wettbewerben teilnehmen. Es war
als würde ich in der Zeit zurückgehen. Ich habe voll wieder das Gefühl bekommen das ich damals beim Skaten hatte.
Ich war total besessen! Ich habe in dieser Zeit viele unglaubliche Leute getroffen, die nie aufgehört hatten zu
skaten. Leute, von denen ich in den 70ern mal gehört hatte, kamen aus allen Löchern! Jedenfalls fing ich dann an,
alte Achsen und Wheels zu sammeln, weil es nichts zu kaufen gab, was irgendwie zum Slalomfahren getaugt hätte.
Irgendwie wusste ich, dass die Zeit reif war um neues Slalomequipment auf den Markt zu bringen und einige der alten
Designs wieder einzuführen. Ich wollte selbst gerne einige der Re-issues kaufen, so zum Beispiel die Teamrider-,
Kicktail-, Hester- und Slalom-Modelle. Ich habe die Fibreflexes immer sehr gemocht, weil sie für mich das beste
Feeling hatten. Irgendwie schwerelos und leicht wenn man damit fuhr. Irgendwie leicht, frei. So wie ich mir
Kalifornien immer vorgestellt hatte, als ich noch in Deutschland gelebt hatte.
Ich suchte den Kontakt zu Debbie übers Internet und rief sie eines Tages an. Irgendwie passte das sofort und wir
redeten manchmal Stunden am Telefon. Wir unterhielten und über alte Zeiten und wie cool es wäre, wenn G&S die
klassischen alten Decks wieder herstellen würde.
Ich erzählte ihr vom Slalom- und Oldschool-Comeback und dass viele Leute, auch bekannte Skater, wieder aus der
Versenkung aufgetaucht waren. Es entwickelte sich eine Undergroundszene. Seltsamerweise an vielen Orten und für
viele Leute gleichzeitig.
Sie sagte eines Tages, dass sie wirklich die Firma übernehmen wollte und einer ihrer Träume war es, die alten Decks
wieder herauszubringen. Sie fing wieder mit allem an, und ich bot mich an, ihr bei der Werbung und als Fotograf
zu helfen und von Anfang an als Entwicklungspartner dabei zu sein. Eines Tages machte ich den Vorschlag, ein
neues Pro Level Slalomdeck herauszubringen, das aber noch die klassische Fibreflex Bauweise beibehalten sollte.
Sie war begeistert und bat mich um einige Ideen. Ich hatte schon eine ziemlich genaue Vorstellung was gut
funktionieren würde und wie das Board aussehen sollte. Ich schlug einige Designs vor, die sie sich mit ihrem
Vater, dem legendären Larry Gordon, anschaute. Das Design passte gut in die klassische Slalom-, Slalomcutaway-
und Hester-Linie.
Sie suchten sich die passendste Form aus und das "Response" Modell war geboren! Das war im April 2001.
Ich nehme an, man kann vom Slalomrennen fahren nicht leben. Was bist du von Beruf?
Ein paar private Daten: Bist du verheiratet? Hast du Kinder?
Vom Skaten zu leben ist schwierig, besonders vom Slalom fahren oder Downhill. Es gibt nur ein paar wenige wie
Biker Sherlock und Lee Dansey, die, insbesondere durch die X-Games, ihren Namen lukrativ vermarkten konnten.
Aber da geht es um Luge und Downhill. Ich hoffe jedoch, dass ich ein bisschen was verdienen kann, sollten die
Preisgelder in nächster Zeit ansteigen. Ich habe noch ein paar Jahre vor mir, hab ja grade erst angefangen :0).
Ich verdiene mein Geld als Fotograf, ich fotografiere meistens Leute und bei Veranstaltungen in Hollywood.
Vor kurzem hab ich auch für das International Longboarder Magazin fotografiert (das Cover in der Dezember
2001-Ausgabe) und weiterhin hab ich die Werbung für G&S Fibreflex fotografiert.
Ich bin seit 1992 verheiratet, habe noch keine Kinder. (Nachtrag: Attila ist mittlerweile Vater.
Seine Tochter Bianca Isabella Aszodi kam am Sonntag, den 24. 11. 2002 um 3:05 zur Welt, bei einem Gewicht
von 8,3 Pfund und einer Größe von 50 Zentimetern. Herzlichen Glückwunsch!)
Das alles hört sich an, als seien deine früheren Träume wahr geworden. Wie ist es, in den USA
zu leben? Ist es so wie du es dir vor deinem Umzug vorgestellt hattest? Was sind die größten Unterschiede zum
Leben in Europa? Was vermisst du am meisten?
Ja, ist schon so. Ich bin inzwischen auch in einem Alter, in dem ich es mehr genießen und das beste draus
machen kann. Hier zu leben ist ganz anders als ich es erwartet hatte. Hauptsächlich als Schauspieler und
Photograph ist es extrem umkämpft und meistend deprimierend. Das mit der Schauspielerei lief ein paar Jahre
ganz gut für mich, wobei ich aber auch immer photografiert habe. Meistens Schauspieler und gemalt habe ich
auch, Ölgemälde auf Leinwand. Davon habe ich gelebt. Aber der Druck, sich andauernd vermarkten zu müssen
und immer wieder abgewiesen zu werden war irgendwann zu viel für mich. Nachdem ich 1993 geheiratet hatte,
entschloß ich mich mit der Schauspielerei ganz aufzuhören und mich nur dem Photografieren zu widmen. Da
konnte ich meiner Kreativität freien Lauf lassen und Photographen werden immer gebraucht. Ich habe auch
aufgehört zu malen. Ich habe auf einmal damit aufgehört, genauso wie ich 1981 aufgehört hatte zu skaten.
Aber es lastet immer noch ein Druck auf jedem der hier lebt. Hier zu leben erfordert immer ein gewisses
Level an Können, insbesondere wenn man woanders her stammt. Du sagst dir immer, du bist hierher gekommen
um Erfolg zu haben. Auch wenn hier immer die Sonne scheint, ist es schwer mal zu entspannen und sich
einfach gehen zu lassen.
Darum hab ich mich auch so gefreut wieder zum Skaten zurück gefunden zu haben. Ich habe in der letzten
Zeit viele neue Leute kennengelernt und habe zu dem zurück gefunden, was ich einmal geliebt habe. Ich bin
dadurch total ausgeglichen geworden. Ich habe das die ganzen Jahre vermisst. Ich habe festgestellt, dass
ich sehr auf Wettbewerb stehe und dass Rennen fahren etwas ist, das ich brauche. Mein Leben war immer auf
Wettbewerb ausgerichtet, auch in meinem Job. Also ist es ideal, dass ich diese Ausdrucksform für mich
wiederentdeckt habe. Es gibt mir mehr Kraft, ich kann mich besser konzentrieren und ich bin bei der Arbeit
kreativer geworden. Aber das Wichtigste ist, dass es mir mehr Mut gibt mit neuen Situationen umzugehen.
LA ist so isoliert vom Rest der USA, dass man diese Unterschiede nicht auf ganz USA übertragen kann, das
wäre nicht richtig.
Wenn man hier eine Weile lebt, merkt man, dass die persönlichen Kontakte nicht so tief gehen wie in
Deutschland. Der Umgang miteinander ist hier drüben oberflächlicher. Die Leute sind freundlicher und
lächeln mehr, aber das ist mehr Fassade. Es ist so, die meisten leute kommen hierher um im Showbussiness
Fuß zu fassen. Sie müssen sich irgendwie beweisen, sich selbst übertreffen. Sie sind dahingehend sehr
verletzlich und versuchen das aber gleichzeitig total zu verdecken indem sie äußerlich immer nett sind.
Es ist schwer Freundschaften zu schließen und weiter zu führen. Die meisten meiner Freunde sind von
außerhalb LA. Das ganze System hier ist anders. Versicherung und Krankenversorgung sind immer ein Problem.
Meistens ist das in Europa ja alles geregelt. Urlaub gibt es viel weniger (normal sind 2 Wochen pro Jahr).
Die Leute essen viel zum Frühstück am Sonntag und Abendessen gibt es nie vor 8 Uhr abends. Viele Leute
machen Diäten aber es gibt hier trotzdem mehr Menschen mit Übergewicht als sonst irgendwo auf der Welt.
Es gibt hier mehr Widersprüche als sonstwo.
America lebt von diesen Gegensätzen, das Land funktioniert so. Es ist eine sehr homophobe Gesellschaft.
Leute, die hetero sind (nicht schwul), betonen das immer wieder, so dass es jeder mitbekommt. Wenn man
jemand neues kennenlernt ist es oft so, dass sie mehr daran interesiert sind sicher zu sein, dass du
nicht schwul bist als zu sagen "he, lass uns Freunde sein", oder ich habe jemand nettes kennengelernt.
Irgendwann fängt man selbst an so zu denken, das macht mich traurig.
Ich weiß noch, als ich hierher zog haben sich die Männer ziemlich neutral angezogen, das war bevor
Ralph Lauren und Banana Repbublic aufkam. Es gab keine Stilrichtung, niemand zog etwas farbiges an,
Pastelltöne sah man praktisch nicht. Wenn man nicht nach irgendeinem Trend ging, war man entweder schwul
oder irgendwie komisch. In Europa gab es das nie, die Leute hatten keine Angst sich durch Ihre Klamotten
auszudrücken.
Sexualität hat hier eine Schlüsselstellung - der Hype in den Medien ist so groß, dass man meinen könnte,
Amerika sei sexuell offen und einfach. Aber tatsächlich ist es so, dass es schon fast verboten ist. Es
gibt so viele Gesetze, die man brechen kann und dafür ins Gefängnis kommen kann. Zum Beispiel wenn man in
der Öffentlichkeit oben ohne geht, eine falsche Bemerkung zu einem Kollegen macht, oder einfach jemanden
nur krumm ansieht. Man sieht nie nackte Haut im Fernsehen, keine Werbung mit oben ohne für Seifen oder
Shampoos. In Europa geht man mit Sexualität offener um, die Leute scheuen sich nicht, ihre Körper zu
zeigen, es ist etwas natürliches und nicht seltsames - hier ist das etwas, was ziemlich verdrängt wird.
Jedoch reden die Menschem mehr über Sex und es geht in Filmen und in der Musik mehr um Sex als sonstwo
auf der Welt. Es ist echt seltsam und so paradox wie alles andere in Amerika. Ich versuche immer noch
das zu verstehen - jemand hat mir mal erzählt, das gehe weit zurück bis zu den Einwanderern, die waren
sehr prüde und konservativ. Man spürt das auch heute noch. Man darf laut denken aber nicht laut handeln.
Ein weiterer Unterschied ist, dass hier niemand zu Fuß geht. Jeder hat ein Auto und fährt zur Arbeit oder
zum Einkaufen. Wiederrum ist das in LA etwas anderes weil die Stadt so groß ist. Die Stadt hat kein echtes
Zentrum, keinen Stadtkern wie es einen in fast jeder europäischen Stadt gibt, in dem die Leute rumlaufen
oder einfach nur in Cafes abhängen. So langsam mit den ganzen Starbucks Cafes, versuchen die Leute ein
bisschen Euroflair aufzunehmen, aber sie wissen nicht mal was das ist.
Ich vermisse es, in die Stadt zu laufen und alte Architektur zu sehen, ich vermisse, überall auf Kultur
zu stoßen. In Europa gibt es das überall. Hier sieht man nur flache Gebäude, Malls und Geschäfte.
Ich vermisse es einfach Freunde zufällig auf der Straße zu treffen und in ein Cafe zu gehen um zu reden.
Ich vermisse das Wetter (komisch oder?). Ich vermisse meine Famile. Ich vermisse es zu trampen oder einfach
in den Zug zu steigen und in 2 Stunden in einem anderen Land zu sein.
Im Moment vermisse ich Paris. Ich würde gerne in 5 Stunden auf dem Trocadero sein und einen Slalomkurs aufstellen.
Andererseits bietet das Leben hier Möglichkeiten und Vorteile wie man sie nirgends sonst auf der Welt findet.
Besonders California ist vielfältig in den unterschiedlichen ethnischen Gruppierungen und obwohl man hier wie
überall Rasissmus und Diskriminierung findet, gibt es keinen anderen Platz in der Welt, in dem der Reichtum
in vielfältigeren ethnischen Gruppen verteilt ist als in den Vereinigten Staaten.
Hier muss man seine Träume ausleben und es kann funktionieren. Man muss jedoch wissen, dass LA sehr
wettbewerbsorientiert ist. Die besten der besten kommen hierher um hier zu leben und versuchen jeden Tag
den Durchbruch zu schaffen. Jeder kommt aus diesem Grund hierher. Bei manchen klappt es schnell bei manchen nie.
Aber eins ist sicher: hier braucht man spezielles Können und Talente und Leute mit Ideen und Originalität
werden immer gesucht. Es spielt hier keine Rolle, welche Hautfarbe man hat, solange man einzigartig und
konsequent ist. Man fühlt sich hier nie fremd. Alles ist relaxter und das Wetter inspiriert einem immer
aus sich herauszugehen und positiv zu denken.
Vor dem 11. September wollten die Leute immer wissen, wo man herkommt wenn sie einen Akzent bemerkten. Aber das
normalisiert sich langsam wieder. Ich glaube in Europa hat man wegen dieser Dinge mehr Vorurteile. Man wird
öfter als Fremder betrachtet. Es ist hier in kreativen Berufen leichter, Karriere zu machen. Die meisten Leute,
die ich kenne haben 2 bis 3 Jobs. Für die meisten ist es harte Arbeit, aber es kann sich hier mehr lohnen
als sonstwo. Erfahrung und Ausbildung zählen hier nicht so viel wie in Europa. Man kann trotz Studium hier
sehr erfolgreich sein, etwas was in Europa kaum vorstellbar ist.
Connections sind hier auch sehr wichtig, aber solange man offen und positiv eingestellt ist, ist es nicht
schwer welche zu bekommen. Man zieht sich hier lockerer an, meistens Shorts und T-Shirt. Das nimmt etwas den
Ernst aus dem täglichen Leben. Das schätze ich sehr.
Beobachtest du die Entwicklung in den anderen Disziplinen? Was denkst du darüber?
Ich beobachte das nicht allzu sehr. Ich lebe eigentlich gerade um die Ecke von einem der größten Skateshops
hier, Val Surf, und gehe oft dort vorbei um Stuff zu kaufen, aber das Zeug das da an der Wand hängt gefällt
mir gar nicht. Ich schaue mir auch die Videos nicht an, die dort immer laufen. Aber Street und Vertskating
ist auf einem Level, wie ich es noch nie gesehen habe. Die Tricks, die die Kids heutzutage machen, habe ich
vor ein paar Jahren nicht mal für möglich gehalten. Es ist überwältigend was die machen, und es sieht so
leicht aus. Aber wenn man genau hinsieht, merkt man, dass es immer dasselbe ist. Man sieht immer nur Rails
und Bänke. Nach einer Weile sieht alles gleich aus. Man merkt auch, dass Skateboarding sehr vom Geld und den
Medien beeinflusst ist.
Es sieht so aus, als wäre Street- und Vertskating auf einem Höhepunkt angelangt und es wird dort auch eine
Weile bleiben. Aber es ist interessant, seit wir uns (wir alten Hasen) in der Öffentlichkeit zeigen, beginnt
sich die Skateszene zu wandeln, denn sie haben so etwas noch nie gesehen oder überhaupt nur daran gedacht
es mal zu probieren. Mit dem neuen Dogtown-Film (Dogtown and the Z-Boys von Stacy Peralta) wird das noch mehr
werden. Mehr und mehr junge Skater kommen auf den Trichter! Das ist die Belohnung für uns! Ich denke mal,
dass wir bald, schneller als man glauben mag, in den Skatshops Slalom auf den Videos zu sehen bekommen. Das wäre toll!
Da du so eingebunden bist, in das was in der Slalomszene so passiert, was meinst du wird geschenen?
Wo geht Slalom hin?
Ich denke es wird immer da sein. Ich denke auch, dass es größer wird als in den 70ern. Es ist schwer vorherzusagen,
wie groß es werden wird, aber es ist die Grundform im Skateboarding und wird immer sein Publikum haben, wie
Skifahren und Surfen. Man kann es fast überall machen und so schnell fahren wie man will. Eine große Herausforderung!
Wenn man auch die Risiken betrachtet, gibt es glaube ich nicht viele Sportarten die so herausfordernd sind.
Außerdem entdecken es immer mehr Leute als eine Alternative für viele Wintersportarten wie Skifahren und
besonders Snowboarden. Das ist sehr wichtig, denn Snowboarding ist ja sogar olympisch. Ich denke, dass viele Leute
daher mit dem Slalomskateboarding etwas anfangen können, sobald sie es mal gesehen und probiert haben.
Wir sind ja eine moderene Gesellschaft und sehr von den Medien und dem Internet beeinflusst.
Wenn ein Sport dauernd in den Medien ist, ist das für dessen Wachstum sehr hilfreich. Darum hab ich mich in letzter
Zeit auch sehr darum gekümmert Skate-Photos zu machen. Ich möchte so viele Bilder in die Magazine bekommen wie nur
möglich. Außerdem haben sich alle die, die wieder Slalom fahren, zusammengetan und konzentrieren sich sehr darauf,
das Ganze an die nächsten Generationen weiterzugeben und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Manche von
uns können das machen, weil sie finanziell unabhängig sind, wieder andere steuern ihr technisches Wissen aus ihren
Berufen bei. Das alles passiert jetzt gerade und ist sehr wichtig für uns.
Es ist so gut wie nie und wird jede Woche besser!
Scheinbar ist das ja was für die älteren Skater. Gibt es auch junge Talente?
Ja es stimmt, die älteren Skater sind grade dabei Slalom wieder zurück zu bringen. Es gibt welche, die sind älter
als 40! Aber die Jungs, Henry Hester, Charlie Ransom, Steve Evans, können jeden jeden Tag schlagen, in welcher
Verfassung sie auch immer sind. Die andern können dann dem Preisgeld nachlaufen. Henry ist in LaCosta Achter
von 90 Teilnehmern geworden und Steve Evans mit dem ich jeden Tag fahre, kommt grade wieder in Form. Er ist
definitiv einer für die Top 10 dieses Jahr. Und Gary Cross ist 42 und hat letztes Jahr die Weltmeisterschaft gewonnen!
Beim Slalom ist älter sein sogar ein Vorteil, denn man fährt gegen die Zeit, und Strategie, Hirnschmalz und
Erfahrung sind die entscheidenden Dinge. Das bedeutet, du musst deinen Gegner kennen, musst wissen wie du ihn
austricksen kannst, musst seine Schwächen kennen und diese zu deinem Vorteil nutzen. Wenn man fit ist und
schnell reagiert kommt man schneller vom Start weg. Dabei kommt es nicht drauf an wie hoch du nen Ollie kannst
oder wieviele Kickflips. Es geht nur um Geschwindigkeit und die richtige Line im Kurs finden und cool zu bleiben.
Sogar Gewicht kann von Vorteil sein! Manche der schnellsten wie mein Teamkollege Eric Groff (Arab) und Ritchie
Carrasco wiegen mehr als 200 Pfund! Und die halten sich nicht irgendwie zurück, die Jungs sind so schnell, so
schnell wie ich es noch nie erlebt habe.
Das ist echt wichtig, dass das die jungen Skater sehen. Es ist wichtig, dass sie sehen, dass wir sie jeden Tag
schlagen können, sie mögen das und wollen dabei sein. Es haut sie echt weg! Das Schöne dabei ist, dass wir als
kleine Gruppe unter all den jungen Skatern bestehen und wir beachtet werden. Skateboarding ist nicht mehr nur
etwas für Teenies, es gehört uns allen! Es macht wirklich Spaß und die Kids sehen, wenn wir Cones aufstellen und
fahren und sie sind echt begeistert! Die Leute sind so zwischen 8 und 51! Die jungen, besonders Dillan Gordon und
Josh Byrd sind wirklich unglaublich! Letztes Jahr sind alle in einer Klasse gestartet! Dieses Jahr wird es eine
Jugend-, Amateur-, Pro- und Damenklasse bei den meisten Rennen geben. Es geht darum, den Sport größer zu machen
und die Jugend einzubinden. Ich weiss, sie werden darauf aufmerksam und sie finden es klasse!
Am Anfang hattest du erwähnt, dass es keinen Stuff zu kaufen gab. Ich habe ein paar mal Werbung
gesehen, besonders im International Longboarder Magazine. Ich glaube das ändert sich grade. Was denkst du,
wo geht die Entwicklung hin?
Vor eineinhalb Jahren konnte man nur alte Slalomdecks auf EBay finden und die waren sehr teuer. An Achsen gab es
nur Tracker, Indies und Gullwings und bei Rollen war es noch schlimmer. Ein komplettes Setup kam damit locker so
um die 500 $!
Seitdem hat sich einiges Gutes getan, G&S macht wieder Slalom-Boards, Turner ist von irgendwoher wieder aufgetaucht
und Rick Howell (Icksticks) hat letzte Woche angekündigt, dass wieder Slalombaords gemacht werden. Anders gesagt:
Nach über 15 Jahren Winterschlaf haben alle damaligen Hersteller entschieden, dass es jetzt Zeit ist, wieder in
Produktion zu gehen. Yeah Baby!
Neu Companies wie Comet, Roe, V-12 sind erst kürzlich aufgetaucht. Es gibt mehr Slalomboard-Hersteller als je zuvor,
und es werden immer noch mehr; warum: Weil die Nachfrage da ist! Es gibt auch immer andere Materialien, was die
Boards nur besser macht. Dank der NCDSA, die die Wünsche und Fragen der Skater veröffentlicht hat. Die Leute haben
zugehört!
Im Moment bauen die Companies noch in den alten Materialien und Formen, wie z. Bsp. G&S Fibreflex mit ihrer
Ahorn/Fiberglas Konstruktion und die Schaumboards von Turner und Ick. Comet ist einer der neueren Hersteller und
verarbeitet ziemlich erfolgreich Bambus und Karbon Fasern.
Jedes dieser Boards ist sehr eigen in seinem Flex und Power. Das wird auch von den Skatern so gewollt. Nicht jedes
Board passt jedem Skater. In Zukunft wird wohl jeder seine Anzahl von Boards haben. All das wird zu immer neuen
Designs und Konstruktionen führen.
Tracker und Gullwing haben angekündigt neue Slalomtrucks auf den Markt zu bringen. Das ist eine Riesenneuigkeit
für die Skateboard-Industrie, weil Gußformen und Entwicklung von Achsen extrem teuer sind. Das ist ein gutes Zeichen
für den Sport und ein Barometer für das momentane "Slalom-Klima".
Genauso bei Rollen: V-12, Kryptonics, G&S, Comet, Turner und Abec-11 haben alle neue Slalomrollen vorgestellt, die
viel besser sind als bisher, was Design und Speed angeht, wenn man sie mit den Slalomwheels aus vergangener Zeit
vergleicht. Insgesamt kann man sagen, dass in relativ kurzer Zeit viel passiert ist und das wird so weitergehen
solange die Nachfrage dafür da ist. Im Moment gibt es davon viel.
Das hört sich alles sehr vielversprechend an. Werden wir dich eines Tages in Deutschland wiedersehen?
Sieht im Moment ganz gut aus. Ich versuche, einmal im Jahr nach Deutschland zu kommen, aber die letzten 2 Jahre hab
ich das wegen der Arbeit nicht geschafft. Meine Eltern leben immer noch in Baden Baden und ich habe dort noch ein
paar Freunde, die ich besuchen möchte. Unter anderem dich. Wenn ich das nächste Mal komme, würde ich gerne sehen,
dass Slalom wieder "in" ist.
Vielen Dank für das Interview. Gibt es etwas was du sagen willst und das ich nicht gefragt habe?
Irgendein abschließender Kommentar oder eine Bemerkung?
Bitte, gern geschehen. Egal wie alt du bist, folge immer deinen Träumen und Visionen. Man ist nie zu alt mit
irgendetwas anzufangen. Höre nicht auf andere, die versuchen dich zurückzuhalten - Im Endeffekt hältst du dich
nur selbst zurück.
Zurück zum Sk8Mag.
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