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Interview mit Erwin Rechsteiner (Bowl Construction AG)

Bowl Construction ist das Baby von Erwin Rechsteiner und Ralf „Pogo“ Vogtsche. Die beiden gehen in Europa einen ganz neuen Weg Skateparks zu bauen. Sie wollen weg von den eintönigen Einzelementen der Fertigteilhersteller. Wer schon mal einen ihrer Parks getestet hat, ist begeistert, wer es noch nicht getan hat, dem sei wärmstens ans Herz gelegt, mal einen zu besuchen. Es lohnt sich. Keiner der Parks gleicht dem anderen. Habt Spaß damit!
Das Interview wurde von Januar bis Mai 2004 per EMail) von Chris Eggers geführt, die Fotos wurden von Bowl gestellt, außer das Foto von Erwin Rechsteiner und Ralf Vogt, welches von Bernhard Scheffold geschossen wurde.

Wer ist Bowl Construction und wie kam es zu den Anfängen?

Die Firma ist eine Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht. Wir wollen nach einer klar formulierten Philosophie mehr und gute Skateparks bauen. Die Idee etwas zu machen, kam aus mehreren Gründen und Gegebenheiten. Ich war ziemlich frustriert, was letztlich aus meinem Engagement für einen Skatepark in meiner Nachbarstadt geworden ist. Es wurde für gutes Geld etwas Schlechtes realisiert. Ein Los, das viele kennen und leider auch heute noch erleben. Zudem war da meine Idee von einem neuen Rampenbau in der Halle. Zu dem System, nach dem der Bowl im Block in Winterthur gebaut ist. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen Projektauftrag für eine Halle und war mit den Angeboten auf dem Markt einfach nicht genügend gut bedient. Als Modellschreiner, Maschineningenieur und Tüftler ließ mir die Sache keine Ruhe mehr. Ein Gespräch mit Ralf „Pogo“ Vogt und Oli Thurau (O.T.) hat die Sache dann ins Rollen gebracht.

Was waren eure Beweggründe die Firma zu gründen?

Es war schnell klar, dass wir die Kohle nicht hatten um die Sache zu starten. Es brauchte Programme, Entwicklungen, Formen, Prototypen und eine Patentanmeldung. Viel Geld für uns. Investoren wurden gesucht und gefunden. Wir haben dann am Freitag den 13. Juni 1997 die Firma gegründet. Die Rechtsform einer AG hat sich aufgedrängt. Nur damit war es möglich, die Stimmrechte bei mir zu lassen und die Investoren trotzdem gebührend zu bedienen. Zudem bietet die AG natürlich die bestmögliche Sicherheit für Kommunen, da in der Schweiz die AG einem strengen Kontrollsystem unterliegt. Tönt alles ein wenig kompliziert, ist es auch, aber man wächst da hinein. Ist nicht das Schlimmste. Übrigens: Für Gemeinden und Outdoor wollten wir anfänglich auf keinen Fall bauen, wir waren absolut sicher, dass der Bowl so begehrt werden wird, dass wir damit überleben. Es kam, wie uns die Geschichte zeigt, ganz anders.

Wenn man sich eure Parks ansieht und man ein bisschen Ahnung von Skateparks hat, fällt auf, dass ihr einen anderen Weg geht als die diversen Hersteller von Fertigteilen. Warum?

Sicher hängt das mit den gemachten Erfahrungen als Skater und aus dem Beruf zusammen. Prägend waren aber bereits die ersten Entwürfe von O.T. und die vielen, teilweise leider nicht realisierten Entwürfe von Pogo. Das ist die eine Seite. Zum andern ist es meist so, dass nicht genügend Geld da ist. Es braucht somit eine große Anstrengung, viel Engagement und letztlich eine funktionierende und schlüssige Lösung um wichtige Leute einer Stadt davon zu überzeugen, dass sie 5 bis 10 mal mehr Geld ausgeben müssen, als sie ursprünglich wollten. Der Quadratmeterpreis pro skatebare Fläche ist bei uns aber immer viel niedriger als bei den üblichen, flachen, einfachen Plätzen. Wir bauen Parks! Das ist ein wesentlicher Unterschied.

Die Basis aller Anstrengungen und Überlegungen keimt aber aus unserer Philosophie. Sie begleitet alle Entscheide. Allerdings gibt es auch immer viele Einschränkungen zu beachten, Wünsche zu berücksichtigen und Kompromisse einzugehen. Bis heute konnten wir uns noch nie verwirklichen, nicht einmal in Winterthur. Der neue Park in Hard kommt der Sache aber schon sehr nahe. Obwohl es auch da Beschränkungen und Auflagen gibt.

Welche Auflagen sind das? Hat es etwas mit der Tiefe der Bowls zu tun? Warum verstehen die Leute nicht, dass ein tiefer Pool weniger verletzungsgefährlich ist als ein niederer? Wie wäre eure Vorstellung von einem perfekten Park und was würde er kosten?

Ach, ganz so schlimm ist es auch wieder nicht. Immerhin darf man das Angebot im Bodenseeraum schon herzeigen. Aber es gibt immer mal zuwenig Platz oder zuwenig Geld. Große Probleme gibt es aber meist mit dem Meteorwasser. Das schränkt die Tiefe ein oder verursacht hohe Kosten. Bei der Standortwahl werden uns meist nicht die besten sondern nur die geeigneten Standorte angeboten. Es braucht dann halt viel überzeugungskraft und Ausdauer um letztlich doch das zu bekommen was gut ist. In Tuttlingen ist das vom Standort her perfekt gelungen, Bezüglich Leitungen und Größe waren aber schon Hürden da. Der neue Park in Hard (A) kommt den Vorstellungen schon sehr nahe. Super Lage direkt am Bodenseeufer, gute Infrastruktur, ideale Bedingungen für Events eine äußerst kooperative Verwaltung und eine super tolerante Gemeindevertretung. Die Leute haben mehrere sehr mutige Schritte bewilligt, das ist nicht selbstverständlich. Ursprünglich war nur an eine Miniramp hinter den Bahngeleisen gedacht, und nun entsteht ein richtiger Park der in die Quiksilver-Bowltour aufgenommen werden soll. Er kostet knapp ¤ 300'000.-. Hat aber einen Wert von weit über 400k. Die Bedingungen sind sehr, sehr gut. Normalerweise kann man zu diesem Preis keine so große Anlage bauen.

Ha! Du weichst meinen Fragen aus! Ist ja auch fies so viele auf einmal … Ok, wann sehen wir mal einen richtig tiefen Pool von Bowl? Ist es schwer den Gemeinden zu erklären, dass ein tiefer Pool wenig gefährlich ist oder warum ist alles so niedrig, was gebaut wird?

Es ist schwierig und wir haben aus der Szene wenig Unterstützung. Ein tiefer Bowl oder Pool ist kein Benutzerwunsch. Streetskater möchten lieber das Geld in Obstacles investiert haben. Das ist Fakt und wir müßen halt irgendwie einen Weg finden, sie auf den Geschmack zu bringen. Was uns in immer mehr Projekten auch gelingt. In Hard (A), lieber Chris, werden deine Wünsche wenigstens ansatzweise erfüllt werden. Leider gibt es eine Einschränkung durch die Baubewilligung, aber fürs Erste hoffe ich, dir reichen 2,6 m Tiefe aus. Auf jeden Fall hatten wir da von den Locals jede nötige Unterstützung. Leider schnellen die Kosten für einen tiefen Pool massiv in die Höhe. Das Geld ist immer und überall wichtig. Aber auch das bessert sich. Schade ist, dass für Einzelteile ab Katalog immer noch relativ viele Batzen ausgegeben werden, ohne dass dies die Verantwortlichen kümmert. Sie reduzieren einfach das Angebot, bis der Preis dem Kostenrahmen entspricht. Oft haben die Behörden erstmal Angst, es könnte jemand runterstürzen und sich verletzen (jemand müsste dann wohl besoffen sein). Das läßt sich also entkräften und ist auch nicht der Engpass.

Wie sieht die Zukunft für Bowl aus?

Ich hoffe rosig. Es gibt sicher zwei grundsätzliche Betrachtungsweisen. Eine realistische und meine visionäre. Die visionäre sieht vor, dass wir mit 30 Leuten weltweit tätig sind. Wir wollen aktiven Skatern eine Möglichkeit bieten, Beruf und Skaten zu verbinden. Dabei kann es sich aber nicht um ein Sanatorium für Skatepros handeln. Die Qualifikationen müssen gegeben sein. Attraktive und individuelle Arbeitszeitmodelle sollen aber Reisen und und die Teilnahme an Contests erlauben. Davon sind wir aber noch sehr, sehr weit entfernt. Es ist wirklich eine Vision. Die realistische Einschätzung der Lage ist für mich aber auch ok. Bis im Juni dieses Jahres wird es rund 15 Parks von uns geben und wir kommen mit den Projekten immer mehr auch aus unserer Bodenseeregion heraus. Zudem fassen wir auch in der Schweiz und in Österreich etwas Fuß. Die Akzeptanz bei den Behörden steigt und die Projekte sind zunehmend nicht mehr willkürlich mit einem Betrag gedeckelt. Die Parks werden größer und gute Fahrer können auch bedient werden. Man fängt an zu begreifen, dass der Nutzen entscheidend ist und nicht die Baukosten. Ein Skatepark kostet keinen einzigen Euro mehr als sonstige Bauvorhaben. Mit unserer Art an die Projekte heranzugehen bleibt ein Großteil des investierten Geldes in der Region. Die Politiker entscheiden sich letztlich also nicht nur für einen Skatepark sondern auch für Wirtschaftsförderung in den eigenen Reihen.

Ok, vielen Dank fürs Interview. Zum Schluss darfst du sagen was du willst, völlig egal.

Diese Plattform benutze ich gerne. Einen Skatepark zu bauen, bedeutet immer eine riesige Teamarbeit zu koordinieren. (Im Falle von Ravensburg waren es über 50 Leute) Dabei ist oft ein einziger Skater die Schlüsselfigur am Ort. Sein Einsatz und sein oft jahrelanger Kampf führen letztlich zum Erfolg. All diesen Leuten danke ich im Namen aller späteren Fahrer für den Einsatz und das Durchhaltevermögen. Wir unterstützen den Einsatz so gut wir können und überzeugen nachweislich die Behörden von der Wichtigkeit einen integrierten Skatepark zu bauen. Danke! Dir Chris Danke ich für das Interview.