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Interview mit Dirk Widmann

Dirk Widmann fährt Skateboard und lebt in Basel. Er baut Skaterampen bei der Firma Vertical. Sk8Mag.de hat ihn im März 2000 interviewt.

Fahrer: Dirk Widmann, Trick: Blunt to Fakie, Spot: Basel Landihalle
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Fangen wir mal mit dem üblichen Quatsch an, Name, persönliche Daten, ...
Dirk
Wie persönlich?
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Nun, dass du Skateboard fährst, wissen wir, aber seit wann fährst du?
Dirk
Seit elf Jahren, so in etwa. Ich kann's nicht mehr genau nachvollziehen, wann ich angefangen habe. So vor elf, zwölf Jahren.
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Und wie kamst du zum Skaten?
Dirk
Ich bin erst BMX gefahren, ein paar Jahren lang, und zwar Rennen. Ich bin immer an einer Quarter rumgehangen und habe da ein paar Tricks gemacht. Da waren auch ein paar Skater, und dann habe ich auch das Skaten ausprobiert. So fing's an.
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Und das Skaten war dann interessanter?
Dirk
Klar, das war das geilere von beiden. Das hat viel mehr Laune gemacht, als mit dem "Kinderfahrrad" rumzufahren.
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Ich kenne da noch andere Skater, die so eine ähnliche Karriere gemacht haben.
Dirk
Ja, es gibt schon noch einige Biker, die auch skaten. Biken war halt früher richtig in, zu der Zeit war das richtig fett. Bei uns gab es halt nur Biker, eigentlich gab es bei uns gar keine Skater. Die Skater aus Freiburg und so habe ich damals alle gar nicht gekannt. Ich war damals ja in Lörrach und da gab es damals gar keine Skateszene. Es war mehr so eine Fahrradszene. Das hat sich dann ziemlich schnell geändert. Da hat sich einer ein Board gekauft und plötzlich gab es keine Biker mehr, sondern nur noch Skater.
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Das ist recht interessant. Aber warum ist nun das Skateboard das so viel "geilere" Gerät, was fasziniert dich daran so besonders?
Dirk
Skaten kann kreativer sein, man zerstört sich nicht so beim Fahren, man hat viel mehr Möglichkeiten, es macht einfach mehr Spaß.
Fahrer: Dirk Widmann, Trick: Frontside Air, Spot: Basel Landihalle
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Was meinst du zum Umfeld des Skateboardfahrens, zur Szene, zu Contests, usw.?
Dirk
Da ich durch meine Arbeit überall auf Contests bin, finde ich es nicht mehr so eine geile Sache.
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Also zuviele Contest für dich?
Dirk
Nun, wenn man da hingeht zum Mitfahren und zum Spaß haben, ist es cool, aber ich bin da immer nur, um zu arbeiten, und von daher sehe ich das wie Arbeit an.
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Also hauptsächlich Stress?
Dirk
Ja, ich kriege von den Parties nicht so viel mit. Wir bauen die Rampen auf und wir bauen sie zu einem beschissenen Zeitpunkt wieder ab. Und irgendwann kennst du auch die ganzen Leute und die ganzen Pros.
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Also fährst du auch kaum noch Contests?
Dirk
Ich bin noch nie wirklich Contests mitgefahren, weil ich nie richtig die Zeit hatte, mich hundertprozentig auf's Skaten zu konzentrieren um dann richtig Gas zu geben. Na ja, ich musste halt immer arbeiten, und da ich bei Vertical arbeite, bin ich an jedem Contest oder an ziemlich vielen und bei ziemlich vielen Shows, aber bin ziemlich wenig zum Skaten gekommen in den letzten eineinhalb Jahren.
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Du sprichst die Arbeit bei Vertical an. Das ist eine ganz interessante Sache. Du arbeitest bei einem Rampenbauer. Wie kamst du dazu? Ich stelle mir das ziemlich cool vor, wenn man in der gleichen Sparte, in der man sein Hobby hat, auch noch arbeiten kann.
Dirk
Ich habe dadurch jeden Tag mit Skateboardfahren zu tun. Entweder skate ich selber, oder ich baue Skaterampen. Schlußendlich ist es eine Arbeit wie jede andere auch. Irgendwann ist es wie ein Treppengeländer zusammenbauen. Da hast du dann nicht mehr den Kick, und denkst es ist etwas Spezielles. Es ist halt Arbeit.
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Es ist also zur Routine geworden?
Dirk
Am Anfang hat man vielleicht das Gefühl, man macht etwas für die Szene, aber irgendwann kommt halt der Punkt, da ist es eine Arbeit wie jede andere auch. Es ist genauso hart, wie auf dem Bau zu sein. Es vielleicht schon geil, wenn du das Produkt in einem Skate-Video siehst und du siehst die Pros drauf abrippen.
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Also hat man doch noch einen anderen Bezug zu der Arbeit?
Dirk
Ja, die Rampe habe ich gebaut, geil. Das ist schon die Befriedigung, die du kriegst, der Bonus an dem Job. Was auch sehr toll ist an dem Job, ist dass du im Sommer sehr viel am traveln bist, weil du Shows hast, Montagen hast und den ganzen Sommer durch überall rumkommst. Das Gute an dem Job: du lernst sehr viel Leute kennen in dem Business.
Fahrer: Dirk Widmann, Trick: Frontside 5-O, Spot: Basel Landihalle
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Die auch mit Skaten zu tun haben ...
Dirk
Genau. Sei's irgendwelche Fahrer, sei's irgendwelche Leute von Firmen. Das hat mir schon einiges gebracht, dass ich da arbeite.
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Hat sich durch das Rampenbauen auch dein Blick auf das Skaten verändert? Die Rampen werden ja nicht nur von Skateboard-Fahrern gefahren. Siehst man dann auch mal die Sichtweise zum Beispiel von Inline-Fahrern?
Dirk
Also, ich selber habe ja kein so großes Problem mit Inlinern. Ich bin letztes Jahr ziemlich viele Shows für Red Bull gefahren. Das waren dann immer zwei Skater und zwei Inliner. Das waren meistens der René Hulgreen und der Distel Pipe. Mit den zweien bin ich eigentlich gut ausgekommen. Es ist eigentlich egal, ob es Inliner sind, oder ... Keine Ahnung. Es waren immer coole Shows. Ein Problem ist halt der Trend. Als der Trend richtig fett war mit dem Inlinen, da ist es schon auf den Sack gegangen, wenn du irgendwo in einen Skatepark gegangen bist und die ganzen Kiddies kreuz und quer gefahren sind und keinen Plan hatten. Das war schon nervend.
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Ist das nicht mehr ein Problem mit Anfängern, die noch nicht wissen, wie sich sich benehmen sollen, als speziell eines mit Inline-Fahrern?
Dirk
Ich weiss nicht ... Das Inline-Fahren ist so eine ganz komische Geschichte, irgendwie. Ich weiss nicht. Ich kann das irgendwie nicht so ernst nehmen. Ich mein, ich seh' es jetzt: Der Boom geht so zurück. Zum Beispiel hier in Basel skaten jetzt die meisten Inliner. Die haben sich irgendwie ein Skateboard gekauft und sind am Skaten. Ich glaube nicht, dass Inlinen eine Sache ist, die einen wirklich lange festhält. Es ist mehr so ein Trend, eine Trendgeschichte. Ich find' auch, es ist viel zu einfach. Du fährst ein Jahr Inline und dann bist du Pro. Ich find's nicht so cool.
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Da sind dann aber schon durch die Einfachheit auch andere Möglichkeiten, die der Inline-Fahrer hat ...
Dirk
Ja klar ...
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Aber dafür andere wiederum nicht.
Dirk
Was halt das Positive an der ganzen Inline-Geschichte ist: Dass durch den Inline-Boom überall Rampen aufgebaut wurden, Parks gebaut wurden ... Das ist das Positive, was die ganze Geschichte gebracht hat.
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Das ist doch schon was. Zurück zum Skateboard. Was sind für dich die interessanten Tricks beim Skaten, was sind momentan die Sachen, die dich herausfordern, was machst du so, was möchtest du machen?
Dirk
Also, ich steh' nicht so auf die technischen Geschichten, auf die Switch-Sachen und so. Ich steh' mehr so auf klassische Tricks, z.B. Grinds. Einfach lang, schnell, die müssen nicht mal technisch kompliziert sein. Ich steh' da gar nicht so drauf. Ich habe mich noch nie an so Switch-Sachen oder an Kickflips versucht. Ich glaube, ich habe dafür auch gar nicht das Feeling. Ich fahre lieber schnell und hart und probiere die Tricks, die ich kann, hart zu machen, hoch zu machen, weit zu machen. Ich kann nicht fünf Stunden an einem Curb hängen und irgendeinen Noseslide-Kickflip-Off probieren. Ich hab' da nicht die Nerven dazu. Ich fahr lieber auf eine Quarter und zieh' da irgendeinen Air raus oder grinde irgendeinen Bowl zu Tode, als dass ich mich da an irgendwelchen technischen Sachen versuche. Ich probiere immer einen Mittelweg für mich selber. Mir machen einfach so Old-School-Geschichten mehr Spaß: Old-School-Tricks und so Klassik-Tricks. Ich hab' keinen Spaß dran, irgendwie Switch rumzurollen und irgendwelche komischen Flip-Geschichten zu ziehen. Das ist gar nicht mein Ding, irgendwie. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb ich immer an Contests so beschissen fahre.
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Ja, das ist schon schade, dass du bei Contests deine Möglichkeiten nicht so ganz ausschöpfen kannst. Aber nochmal zurück zu deiner beruflichen Geschichte mit dem Rampenbauen. Wenn du an eine Rampe kommst, oder an ein Obstacle, nimmst du das dann anders war? Schaust du dir die Rampe erst mal von unten an, ob sie das überhaupt aushält, oder hat das dein Verhältnis zu den Obsctacles überhaupt nicht verändert?
Dirk
Das hat es schon. Es hat den Anspruch verändert. Also vor ein paar Jahren bin ich einfach zu einem Skatepark gefahren und dann stand da irgend so eine vergammelte Minirampe und irgendeine schrottige Vert-Rampe und dann ist man da womöglich noch fünf Stunden hingeeiert und dann fand man das toll und cool, aber mittlerweile sind die Ansprüche einfach höher an die Rampen. Ich fahr einfach lieber eine perfekte oder zumindest ziemlich gute Minirampe oder eine Vert-Rampe, als irgend so ein schrottiges Ding. Man guckt das Ding schon anders an, man wird verwöhnter irgendwie. Man guckt den Belag an und das Coping und wenn das Coping nicht genau stimmt, dann mosert man halt rum. Ich mein, wenn man jeden Tag so was baut, dann kriegt man schon einen gewissen Anspruch.
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Wenn man sich das so überlegt: Früher ist man ja wirklich alles gefahren. Hauptsache es hatte irgendwie eine Transition.
Dirk
Ja, eben. Ich weiss, wir haben früher einfach irgendein Brett an eine Wand gestellt und daran irgendwelche Tricks probiert. Und wir sind auch irgendwie Minirampen, die Löcher im Belag hatten, gefahren. Das war cool und hat auch Spaß gemacht, aber mittlerweile wird man echt verwöhnt. Ich würde nicht mehr für irgendeine Minirampe auch nur eine halbe Stunde weit fahren.
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Trauerst du nicht den damaligen Zeiten ein wenig nach?
Dirk
Doch. Also ich muss sagen, früher war es mehr Spaß. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich früher mehr Motivation hatte, die Szene ein bisschen cooler war. Ich glaube es liegt nicht mal dran, wie gut man fährt, sondern wie verwöhnt man ist. Wir hatten damals nicht so eine Auswahl wie jetzt. In der Schweiz gibt es so viele Skateparks und Rampen, da kannst du dir echt aussuchen, was, wie, wo du fahren willst. Wir hatten das irgendwie früher nicht. Ich bin mit dem König zum Beispiel nach Adelberg gefahren, stundenlang im Schnee zu einer eiskalten Halle. Wir haben uns zu Tode gefroren und es war immer ein Spektakel, da irgendwie hinzukommen und heil nach Hause zu kommen. Heutzutage ist schon eine Stunde nach Freiburg viel.
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Heutzutage jammern die Kids ja schon, wenn sie nur sechs Kilometer zu einer Rampe fahren müssen.
Dirk
Eben. Ja, es ist das. Auch die Kids sind ziemlich verwöhnt. Denen kannst du halt nicht mehr irgendeine gammlige Curb und irgendeine alte Quarter hinstellen. Die wollen halt alle die perfekten, fetten Skateparks haben. Die wollen halt alle gute Trainingsmöglichkeiten, was ich auch verstehen kann. Das ist auch OK, absolut.
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Aber es geht ein bisschen von der Spontaneität und vom Spaß dabei verloren.
Dirk
Ja, das stimmt. Vielleicht liegt's auch daran, dass ich nie der große Streetskater war und mich an einem Randstein lange vergnügen konnte. Das war noch nie mein Ding, irgendwie irgendwo hochzupoppen und wieder runterzupoppen und das stundenlang zu machen. Ich war schon immer fasziniert von Transitions. Streetskaten hat mich nie groß interessiert und hat mir auch nie wirklich Spaß gemacht. Ich hatte immer nur Interesse an Transitions: Sei es eine Quarter. eine Mini-Ramp, oder eine Half-Pipe.
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Du bist ja auch nicht mehr unbedingt der Jüngste in der Skate-Szene und klagst ja auch manchmal über den Zustand deiner Knochen. Denkst du, du kannst das noch lange machen, oder meinst du, es ist irgendwann mal Ende der Fahnenstange?
Dirk
Also, ich glaube, dass man ziemlich lange Skateboard fahren kann, wenn man nur mental irgendwie fit ist. Und körperlich merke ich schon den Verfall von meinen Bändern und Gelenken, die sind schon irgendwie kaputt. Wenn man früher irgendwelche dummen Sachen über irgenwelche Jumpramps gezogen hat, oder einen Boneless von einer Garage runter, dann würde ich das heute nicht mehr machen. Aber früher hat man einfach nicht nachgedacht, sondern hat das Zeug einfach gemacht. Und jetzt zahlt man halt die Rechnung dafür. Aber ich habe immer noch Spaß am Skaten. Ich hab' halt ab und zu Stress mit meinem Knie und mit meinem Fußgelenk, aber ich probier das noch mit anderem Sport zu kompensieren, so dass ich irgendeinen Ausgleich hab'.
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Was machst du da?
Dirk
Ich mache noch Kraftsport, kein Bodybuilding, sondern mehr so die Fitnessschiene nebenbei.
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Dann hält der Körper auch mehr aus.
Dirk
Eben. Ich fühl mich eigentlich relativ fit so. Das Problem ist, dass ich einfach wenig Zeit habe für's Skaten. Dass ich einfach nicht consistent viel fahre. Daran wird's liegen.
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Wenn du fährst, bringst du aber immer vollen Einsatz.
Dirk
Ich denk mir halt, wenn ich skaten gehe, dann will ich auch irgendwie Vollgas geben, nicht so halbherzig rumeiern.
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Und was sagt deine Frau dazu, dass du so einen harten Einsatz fährst?
Dirk
Ja, sie findets ... Sie findet es lustig, wenn ich nach Hause komme nach dem Skaten, auf's Sofa liege, und nur noch jammere und mir macht alles weh und so.
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Aber sie akzeptiert das voll?
Dirk
Ja, sie findet Skaten cool. Sie guckt auch gern zu.
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Das ist doch eine schöne Sache.
Dirk
Sie kann zwar nicht verstehen, warum sich da irgendwelche Leute zerstören aber sie versteht mich schon ziemlich gut, glaube ich.
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Cool. Gibt es sonst noch etwas, das du loswerden willst?
Dirk
Hm, was möchte ich noch loswerden? Einen großen Dank an Olli Bürgin, der mich mit Stuff versorgt und all meine Jungs aus Freiburg, Konstanz und Basel ... Kommt nach Basel. Alle müssen nach Basel kommen zum Skaten.
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Ist ja auch ne fette Halle
Dirk
Na ja, es geht. Ziemlich schrottig, aber es sind ein paar gute Sachen drin. Der Bowl ist Zucker, Mini-Ramp ist gut und Street kann man sicher drüber streiten, aber man kann Spaß haben hier.
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Dirk, vielen Dank für das Interview.

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